Entwurf zu
Schwimmunterricht für Erwachsene, Karina Griffith
"Der Schwimmunterricht" ist ein experimenteller Dokumentarfilm, in dem sowohl
die Schwimmschˆºlerinnne und -schˆºler als auch die Regisseurin erscheinen.
Ausgangspunkt des Dokumentarfilms ist Schwimmunterricht, der durch mich, die
Regisseurin und Nichtschwimmerin, erteilt wird.
Natˆºrlich wird ein zugelassener Schwimmlehrer bei allen Schwimmstunden anwesend
sein, allerdings wird er nicht im Film erscheinen. Der Fokus der Schwimmstunden
richtet sich darauf, sich mit Angst und Ursprˆºngen von Phobien auseinanderzusetzen.
Der gemeinsam mit dem zugelassenen Schwimmlehrer entwickelte Schwimmunterricht
dient dazu, den Umgang mit tiefem Wasser zu verbessern. Jede Schwimmstunde zielt
auf eine andere Fertigkeit: 1) Treiben, 2) Ins Wasser springen, 3) Schwimmen.
Den meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmern wird es wie mir gehen: Sie haben
bereits Schwimmunterricht erhalten und wissen grundsˆ§tzlich, wie man schwimmt.
Aber es sind die drei genannten Fertigkeiten, die uns zwingen, sich mit tiefem
Wasser auseinanderzusetzen und der Angst unterzugehen und zu ertrinken.
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass fˆºr Kinder mit traumatischen Erfahrungen
mit oder im Wasser (beinahe Ertrinken, etc.) die Wahrscheindlichkeit hˆher
ist, dass sie Zeit ihres Lebens Nichtschwimmer bleiben. Viele Kulturen auˆüerhalb
Deutschlands sehen Schwimmen eher als einen mehr oder weniger interessanten
Sport und nicht als eine wesentliche Kompetenz, die es zu erwerben gilt. Einige
Kinder, deren Eltern den Schwimmunterricht als nicht wesentlich erachtet haben,
entscheiden sich, als Erwachsene schwimmen zu lernen, um nicht stigmatisiert
zu werden und sich schˆ§men zu mˆºssen.
Ich wollte schon immer schwimmen lernen. Ich habe viele Schwimmstunden Unterricht
genommen, aber ich kann immer noch nicht ein Schwimmbad durchqueren, geschweige
denn genug schwimmen, um mich in Notfˆ§llen zu retten. Ich habe Angst vor tiefem
Wasser, so einfach ist das.
Es gibt eine ganze Liste von weiteren Grˆºnden von Wissenschaftlichern und Rassisten,
warum gerade "farbige" Menschen oft nicht schwimmen kˆnnen. Manche verweisen
auf soziale Faktoren ("White Only" Schwimmbˆ§nder im damals segregierten Nordamerika),
ˆkonomische Ursachen (viele "schwarze" Familien leiden unter Armut und kˆnnen
sich keinen Schwimmunterricht leisten), ˆ§stethische Grˆºnde (viele "schwarze"
Frauen haben mit Chemie behandeltes Haar, dass bei Feuchtigkeit wieder krauˆü
wird und erst stundenlang geglˆ§ttet werden muss) und psychologische Grˆºnde
(latente Erinnerungen an Ertrˆ§nkungen wˆ§hrend des Sklaventransports von Afrika
nach Amerika, die in Generationen von Hydrophobie resultieren). Am stˆrendsten
ist das Buch von Jon Entine mit dem Titel "Taboo. Why Black Athletes Dominate
Sports and Why We are Afraid to Talk About It. Entine behauptet, dass "Schwarze"
einen geringeren Anteil an Kˆrperfett haben und dichtere Skelette als "Weiˆüe".
Obwohl er zugibt, dass die Auswirkungen dieser Unterschiede nicht auf die Leistung
beim Schwimmen endgˆºltig bewiesen wurden, bietet er als weiteren Beweis, dass
"Schwarze" nicht in internationalen Schwimmteams vertreten sind.
Was immer die Grˆºnde sein mˆgen, schwimmen zu lernen, kann das Selbstwertfgefˆºhl
von Nichtschwimmern erheblich steigern. Phobien zu ˆºberwinden ist ein groˆüartiges
Gefˆºhl - ich habe den Ausdruck im Gesicht von Menschen gesehen, die in der
Vergangenheit mit mir schwimmen gelernt haben, und es hat mich zu Trˆ§nen gerˆºhrt.
Sie haben ihr ganzes Leben mit dieser Angst gelebt, sind nicht auf Pool-Partys
gegangen, keine Ferien am Strand, keine Boots- und Segeltouren... und jetzt
sind sie frei.
"Der Schwimmunterricht" will diese Momente der Begeisterung, des Kampfes und
des Fortschritts festhalten. Der Dokumentarfilm ist experimentell sowohl in
der Darstellung wie in der Umsetzung. Ich als Regisseurin werde als Lehrerin
und Teilnehmerin eine direkte Herausforderung fˆºr die anderen Teilnehmerinnen
und Teilnehmer sein. Diese Art des "Story Telling" wird den Filmzuschauern durch
Bilder von "behind the scenes" nahegebracht. Durch das nebeneinander Stellen
von Bilder aus den Privatwohnungen und -hˆ§usern der Teilnehmerinnen und Teilnehmer
und Bildern des Kampfes mit dem Wasser im Schwimmbad, hoffe ich die Zuschauer
dafˆºr zu gewinnen, dass dies ganz normale Menschen sind, die einfach bisher
gehindert wurden, diese Angst zu ˆºberwinden.
Die Art der Musik und der Kamerafˆºhrung wird die Vorfreude, Ungeduld und Einkehr
und damit die Gedankenwelt der heiteren, aber auch zitternden Schˆºlerinnen
und Schˆºler erfassen.